Datenschutzwissen

Über 100 Minuten: So lange dauert es, die TikTok-Datenschutz-Richtlinien zu erforschen

Auch wenn chinesische Massen-Plattformen noch nicht jeder kennt, die Kids sind den Tüftlern aus dem Reich der Mitte längst in die Fänge geraten. Wie hält es diese Plattform eigentlich mit dem Datenschutz?

Ursprünglich sollte TikTok eine Möglichkeit bieten, Lippensynchronisation basierend auf Musikvideos zu verbreiten. 2020 war die App auf über zwei Milliarden Smartphones installiert. Mit der weltweiten Popularität wuchs auch die Kritik: TikTok muss sich Vorwürfen wegen politischer Zensur oder Einflussnahme, sexueller Inhalte für Minderjährige, Spionage und auch datenschutzrechtlichen Unklarheiten stellen. Natürlich lassen solche Bedenken sensible Beobachter aufhorchen. Social Media und Datenschutz? Das erscheint fraglich, wenn man sich anschaut, wie sich Facebook seit Jahren windet, um Datenschutz effektiv zu vermeiden. Ob jetzt TikTok sicher ist, oder nicht: dort selbst der Sache auf den Grund zu gehen, dauert Stunden.

Missverständliche Infos durch und durch

Bei Kids ist TikTok äußerst populär, denn es ist hip, eigene Videos mit musikalischem Hintergrund mit großen Gruppen zu teilen. Alles läuft über Hashtags, die die Community rasend schnell erreichen und zum Mitmachen auffordern. Die App gilt denn auch in puncto Datensicherheit und Datenschutz als kritisch, was gerade diese junge Nutzergruppe betrifft. Auf der Webseite der Plattform heißt es deshalb: „TikTok ist nicht für Kinder unter 13 Jahren bestimmt.“ Doch schon hier beginnt das Problem. Wie das Portal AddictiveTips ermittelt hat, muss man schon annähernd volljährig sein, um die Datenschutzrichtlinien von TikTok überhaupt verstehen zu können. Zum Vergleich: Bei WhatsApp verhält es sich umgekehrt. Beim amerikanischen Dienst ist grundsätzlich erst ab 16 der Zutritt gewährt, allerdings können auch jüngere nachvollziehen, was in den Datenschutz-Infos der Plattform geschrieben steht.

Technisches Kauderwelsch

AddictiveTips hat in einer Erhebung nachgewiesen, dass es bei TikTok wie vielen anderen Anbietern erheblich mangelt, was korrekte Datenschutzangaben angeht. Deren Datenschutzrichtlinien strotzen nur so vor Begriffen wie API, Cookies, IP-Adresse, Drittanbieter oder auch Datenschutzgrundverordnung. Der Großteil der Befragten hat kaum etwas verstanden, unabhängig vom Alter.

So viel Lesezeit investiert niemand

Rechtliche Grundlagen und ihre Umsetzung lassen sich nicht in ein paar Bullet-Points darstellen. Vor allem Kids, die meist so kurz wie möglich halten, wenn sie chriftlich kommunizieren, sind lange Lesepassagen wohl kaum noch gewohnt. Laut AddictiveTips fühlen sich Social-Media-Nutzer oft überfordert, wenn sie lesen sollen, wie TikTok & Co. ihre Privatsphäre schützen. So geben 83 Prozent von ihnen ihre Zustimmung, ohne sich mit der Materie auseinandergesetzt zu haben – ein Thema, das außerhalb der sozialen Netzwerke auch bei vielen anderen Web- und App-Anbietern bekannt ist. Um nun die Datenschutzrichtlinien von TikTok in ihrer Gesamtheit zu lesen, benötigen durchschnittliche Leser 104,8 Minuten, wie eine spezielle Software ermittelt hat. Das ist mehr als Spielfilmlänge. Bei WeChat erfordert die Kenntnisnahme der Datenschutzrichtlinien immer noch 74,4 Minuten, bei LinkedIn 48,2 Minuten. Twitch mit einem ebenfalls geforderten Mindestalter von 13 Jahren liefert den kürzesten Lesestoff. Was soll es also zum Ausdruck bringen, wenn gerade ein Dienst, der sich an die junge Zielgruppe richtet, stundenlanges Lesen erforderlich macht, um Datenschutz-Grundlagen zu erfassen und zu verstehen?

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