Datenschutzwissen

Ist das „Verraten“ von Covid-19-Infizierten durch Gesundheitsämter an die Polizei rechtens?

Gesundheitsämter haben bundeslandübergreifend Gesundheitsdaten – namentlich die von Covid-19-Infizierten – an die Polizei übermittelt.

Für Datenschützbehörden besteht darin ein Verstoß gegen § 203 StGB, also die ärztliche Schweigepflicht sowie Persönlichkeitsrechte. Wer unbefugt sensible Gesundheitsdaten an Dritte übermittelt, macht sich strafbar, so die Landesdatenschutzbeauftragte von Niedersachsen, Barbara Thiel, dazu.

Bundesländer gehen unterschiedlich mit Covid-19-Daten um

Beispiel Niedersachsen: Hier vetritt das Gesundheitsamt die Auffassung, dass die Einhaltung von Quarantänemaßnahmen kaum zu kontrollieren sei und folglich die polizeiliche Amtshilfe organisiert werden müsse. Dazu verhandeln zuständige Datenschutzbeauftragte mit den Gesundheitsämtern. Fest steht: Die Polizei hat bereits mehrere Hundert Datensätze über Personen erhalten, die sich mit dem Corona-Virus infiziert haben. Diese Listen enthalten neben sensiblen personenbezogenen Daten auch Adressdaten, Quarantänebestimmungen und Angaben zu Kontaktpersonen. Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist dies sehr problematisch, und eine einheitliche Regelung, die in allen Bundesländern gilt, ist in weiter Ferne.

Selbstschutz ist ein wichtiges Motiv der Polizeibehörden

Ein wichtiges Argument für die Datenübermittlung ist der Selbstschutz von Polizeibeamten. Denn bei Polizei-Einsätzen können die Beamten sich schützen, sollten Sie Kenntnis davon haben, dass sie es bei der polizeilichen Maßnahme mit einem Infizierten zu tun haben. Auf Seiten der Gesundheitsämter beruft man sich ausschließlich auf das Gesetz des öffentlichen Gesundheitsdienstes. Stefan Brink, Datenschutzbeauftragter des Landes Baden-Württemberg, hat hierzu eine klare Positionierung: „Wen sollen wir noch alles informieren: die Feuerwehr, die Sanitäter, die Gerichtsvollzieher, die Steuerfahndung? Da droht ein Dammbruch.“ Für ihn kommt die Praxis der Gesundheitsämter im Schulterschluss mit der Polizei einem Rechtsbruch gleich.

Lösungsvorschlag: geschützte Datenbanken

Baden-Württemberg arbeitet an einer technischen Lösung: So soll die Datenbank mit den schützenswerten Gesundheitsdaten der Bürger nur in genehmigten Ausnahmefällen zugänglich sein, etwa bei polizeilich geplanten Hausdurchsuchungen. Dabei handle es sich um eine streng passwortgeschützte Datenbank. Findet nun beispielsweise eine Durchsuchung statt, kann unter bestimmten Bedingungen vorab geklärt werden, ob sich unter den Tatverdächtigen Corona-Infizierte befinden. Diese Informationen, die in Form von Listen zwischen den Behörden verschickt werden, müssen umgehend nach dem Einsatz der Polizei gelöscht werden. Darüber hinaus muss dem Recht der Betroffenen auf Information genüge getan werden.

Fazit

Bedingt durch Covid-19 gibt es gesetzliche Bereiche, die aufgrund der besonderen Schutzmaßnahmen der Regierungen gelockert werden müssen, um einen funktionierende Prävention zu gewährleisten. Dennoch sollten die Angemessenheit sowie die Verhältnismäßigkeit gezielter Maßnahmen unter keinen Umständen auf rechtswidrigen Grundlagen aufbauen. Bei einer Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder waren sich Beauftragte im Namen des Datenschutzes einig: „Auch in schwierigen Zeiten wie diesen darf nicht grundsätzlich gegen Datenschutzbestimmungen verstoßen werden.“

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