Datensicherheit im Internet

Facebook unter schwerem Beschuss durch Datenskandal „Cambridge Analytica“

Facebook-Boss Mark Zuckerberg wird vor das Europaparlament zitiert und muss sich so auch vor dieser Kammer rechtfertigen, wie zuvor schon vor dem US-Senat. Der Datenmissbrauch bei Facebook schlägt also weiter hohe Wellen. Wir nehmen das zum Anlass, noch einmal Revue passieren zu lassen, was in den letzten Wochen alles geschehen war.

87 Millionen Geschädigte durch großangelegten Datenmissbrauch

Die Öffentlichkeit erfuhr gegen Ende März davon, dass personenbezogene Daten zwischen Facebook und der Datenanlysefirma Cambridge Analytica in großem Stil und gegen jedes Recht geteilt worden waren.Ursprünglich gingen die Entdecker von 50 Millionen Datensätzen aus, dann war von 87 Millionen die Rede. Offenbar waren vor allem US-Bürger betroffen, aber auch in Duetschland wurden 300.000 Fälle aktenkundlich. Dieser „Datenklau“ durch Cambridge Analytica hatte nach bisherigen Untersuchungen das Ziel, Wahlen in Amerika und Großbritannien zu beeinflussen.

Versprechen von mehr Transparenz seitens Facebook

Fast schon beschämend mutet die Tatsache an, dass Facebook seine Datenschutzbedingungen zugunsten von mehr Transparenz änderte, noch bevor das Unternmehmen das Ausmaß des Skandals einräumte. Augenscheinlich seien die Informationen über die Datensammlung durch Facebook mit den neuen Bedingungen deutlicher und es würden keinen zusätzlichen Daten mehr gesammelt, wenngleich die Datenverarbeitung selbst sich aber nicht ändere. Damit greift Facebook allerdings vor allem der neuen EU-Datenschutzgrundverordnung vor, deren Regularien Zuckerberg in höchsten Tönen lobt. Eine Reaktion auf den Datenschutz-Skandal sind diese Maßnahmen also keineswegs.

Zweifelhafte Umfrage-Apps machten die Daten zugänglich

Facebook informierte in den ersten Apriltagen die geschädigten User über einen vermutlichen Missbrauch derer personenbezogenen Daten. Dem folgte eine reichweitenstarke Kampagne mit Anzeigen, in der Zuckerberg selbst entschuldigende Worte in Umlauf brachte: „Wir haben die Verantwortung, Ihre Daten zu schützen – und wenn wir dies nicht können, verdienen wir es nicht, Ihnen zu dienen.“

Derweil werden immer skurrilere Details über die Verwendungsmöglichkeiten der abgezapften Daten bekannt. Brittany Kaiser, die ehemalige Managerin von Cambridge Analytica teilte dem britischen Parlament Mitte April mit, dass wohl von weit mehr als den bislang geschätzten 87 Millionen Usern Daten genutzt wurden. Bis dahin war angenommen worden, Cambridge Analytica hätte alle fraglichen Nutzerdaten über die Facebook-App „This Is Your Digital Life“ erhalten, einem Persönlichkeitstest des britisch-russischen Prof. Aleksandr Kogan. Diese App enthielt einschlägige Datensätze und Fragebögen. Kaisers erklärte nun, dass ihre Ex-Firma auch andere solcher Umfrage-Apps genutzt habe, etwa die Facebook-App „Sex Compass“.Es steht zu vermuten, dass die Entdeckung von Facebooks peinlichem Datenleck einem Stich ins Wespennest gleichkommt und noch ungeahnte Entdeckungen ans Licht kommen werden.

Facebook-Abstinenz als Reaktion vieler Unternehmen

Allen voran war es Elon Musk, der gefeierte Visionär und Autobauer, der seine Company-Facebookseiten abschalten ließ – und es folgten viele weitere Industrielle diesem Beispiel. Mozilla kündigte an, vorerst Facebook-Werbung zu stornieren, bis die Datenschutzprobleme beseitigt seien. Auch der Lautsprecher Anbieter Sonos unterbrach zumindest für eine Woche seine Facebook-Werbung. 

Enorme Werbewirksamkeit durch riesige Datenmenge

Mancher könnte mutmaßen, es sei doch eben der ureigenste Unternehmenszweck von Facebook, Daten zu sammeln und weiterzugeben. Dem ist allerdings aus rechtlicher Sicht keineswegs so. Die riesigen Datenmengen von Facebook sind ein wertvoller Wissensschatz für alle Unternehmen, die wissen wollen, welche Vorlieben und Wünsche Konsumenten auf der ganzen Welt haben. Kein anderes Unternehmen kann seinen Werbekunden so gezielt eine so große Zahl potenzieller Interessenten für diverse Produkte und Dienstleistungen bereitstellen wie Facebook. Daher ist auch die Mitgliedschaft per se kostenlos.

Würde Facebook jedoch Daten weiterverkaufen, würde der Konzern entgegen seinen eigenen Interessen handeln. Im aktuellen Fall könnte man daher von einer Veruntreuung von Nutzerdaten sprechen, deren Sammlung wiederum auf der Zusicherung des Netzwerks beruht, die Nutzung von Facebook für den User zu verbessern. Insofern hat Facebook keinen Datenhandel betrieben, sondern zuerst einmal grob fahrlässig gehandelt. Darin liegt die Verantwortung dieses globalen Netzwerks.

Anhörung von Zuckerberg

Vor dem Senat konnte Zuckerberg punkten. Als Zuckerberg am 10. Und 11. April vor dem US_Senat Rede und Antwort stehen musste, überraschte er viele Beobachter – waren doch die meisten davon ausgegangen, dass er bei diesem Auftritt mächtig Federn lassen würde. Denn in diesen Anhörungen sind ja bekanntlich zahlreiche Wirtschaftsgrößen bereits fulminant gescheitert.

Hingegen trat der 33-jährige Zuckerberg, der oft als linkisch, scheu und emotionslos beschrieben wird, dem Gremium gut vorbereitet und wortgewandt gegenüber. Das muss ihm umso leichter gefallen sein als sich abzeichnete, dass einige Senatoren von der neuen digitalen Welt nicht viel zu verstehen scheinen. „Womit verdient Facebook sein Geld? Mit Werbung, Senator.“ war ein typischer Dialog, in dessen Verlauf der Facebook-Gründer sich zumindest gefühlt ein wenig aus der Affäre ziehen konnte. In Erinnerung werden Sätze wie dieser bleiben: "Ich habe Facebook gestartet, ich leite es, und ich bin verantwortlich für das, was hier passiert.“

Es bleibt abzuwarten, welche Konsequenzen dieser Datenskandal für die Zukunft von Facebook haben wird. Schon bescheinigen viele Beobachter dem Netzwerk einen beginnenden Niedergang.

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