Datenschutzwissen

Sind Elektroautos aus Datenschutzsicht überhaupt zulässig?

Die deutschen Autobauer geben Gas bei der Elektrifizierung. Neben der Steigerung der Reichweite geht dabei die meiste Entwicklungsarbeit in immer umfassendere Software-Module. Allerdings sind bereits die Tesla-Modelle, die derzeit in Deutschland zugelassen sind, aus Sicht von Datenschützern die reinsten Datenkraken. Und es bleibt zu befürchten, dass Autos aus EU-Werken dem in kaum noch etwas nachstehen.

An der Gigafabrik des Autobauers Tesla nahe Berlin wird fleißig gearbeitet. Hier sollen schon in kurzer Zeit eine halbe Million Fahrzeuge von den Bändern laufen – allein vom Tesla Model 3. Aber auch die EU-Autobauer scheinen aus dem Winterschlaf erwacht zu sein und offerieren bereits heute eine große Bandbreite an Elektrofahrzeugen – die Vision vom CO2-neutralen Autofahren wird also langsam Realität. Branchenweit gilt Tesla als uneinholbarer Vorreiter, was die Software in den Elektrofahrzeugen des US-Unternehmens angeht. Assistenzsysteme, Unterhaltung an Bord und Reiseservices sind die Disziplinen, die Tesla eindeutig beherrscht. Aber dabei stehen nicht die Sicherheit und der Komfort der Tesla-Insassen im Fokus, es geht im Kern um das Sammeln von Daten, wie Tesla selbst unverhohlen einräumt: Man wolle mit den gesammelten Daten die „Effektivität unserer Werbekampagnen und Betrieb und Ausweitung unserer Geschäftstätigkeit“ vorantreiben. Bleibt zu vermuten, dass auch die KFZ-Hersteller Europas immer mehr von Tesla lernen und mit eigenen Software-Lösungen selbst die Grundlagen für „neue Geschäftsmodelle“ schaffen.

Aus Sicht des Datenschutzes wird sogar eine Zulassung infrage gestellt

Über zehn Kameras sind in jedem Tesla allein dafür verbaut, um die Fahrzeugumgebung zu überwachen. Tesla begründet dies mit der Option, den Fahrer sofort zu informieren, wenn sich in der Nähe seines Autos auffällige Bewegungen abspielen. Hinzu kommen Innenraum-Kameras, die permanent aufzeichnen, was sich im Tesla abspielt. Beides ist aus Sicht von Datenschützern äußerst problematisch. Das ARD-Magazin „Kontraste“ hat bei Recherchen im letzten Herbst herausgefunden, dass die im Tesla gespeicherten Aufnahmen via WLAN ungefiltert auf amerikanischen Servern des Autobauers landen, was sich mit den Bestimmungen der DSGVO in keinster Weise vereinbaren lässt. Denn sowohl die Aufzeichnungen im Innenraum wie auch die Filmdokumente aus der Fahrzeugumgebung beinhalten schützenswerte Informationen, die nicht in Firmenhände gehören, zumindest aus Sicht von Datenschützern.

Im vergangenen Jahr bestätigten mehrere Urteile, dass beispielsweise der Dauer-Betrieb von Dashcams im Auto nicht zulässig ist. Nach deutschem Recht sind Permanent-Filmaufnahmen selbst bei der Unfall-Rekonstruktion vor Gericht nicht zulässig. Hier wird nämlich das Recht auf informelle Selbstbestimmung anderer am Verkehr Beteiligter empfindlich gestört.

Aufsichtsbehörden fordern einheitliche Lösungen

Was die Dashcam leistet, ist gegen die Kamera-Leistung eines Tesla reinste Amateur-Filmerei. Die in Tesla-Modellen verbauten Linsen liefern erschreckend hochaufgelöste Bilder, lassen also Nummernschilder, Gesichter und kleinste Details aus der Fahrzeugumgebung erkennen, was den Datensammlern ein umfassendes Bewegungsbild des Tesla-Fahrers sowie seiner Umgebung liefert – Informationen von unschätzbarem Wert für Marketing-Aktivitäten aller Art. Demzufolge verstößt das, was die aktuell zugelassenen Fahrzeuge von Tesla wie auch die Modelle europäischer Hersteller mit vergleichbarer Technologie aufzeichnen, eindeutig gegen die DSGVO. Nach europäischen Datenschutzrecht obliegt die Aufsicht über solche Praktiken den obersten Datenschutzbehörden der EU-Mitgliedsstaaten, in Deutschland sind die Behörden der Bundesländer mit der Aufsicht betraut. Im Falle Tesla wäre also künftig die Brandenburgische Datenaufsichtsbehörde zuständig, was das Datensammel-Verhalten der hier hergestellten Tesla-Fahrzeuge angeht. Hier wurde allerdings nach ARD-Recherchen bereits signalisiert, dass man sich seitens der Behörde von einem derart komplexen Datenschutz-Verstoß überfordert fühle. Angesichts dieser Zuständigkeitsproblematik scheint eine einheitliche Regelung – zumindest für die EU – der einzige Weg zu sein, nicht die Kontrolle über die Daten-Sammelleidenschaft der KFZ-Hersteller gänzlich zu verlieren. Diese hat zwar schon längst mit den Black-Boxes angefangen, die seit 2013 in jedem Neuwagen verbaut sind. Allerdings speichern die E-Autos längst schon jede Menge Daten, die über die Unfall-Rekonstruktion deutlich hinausgehen.

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