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Australien kämpft für faire Nachrichten: strikte Regeln für Internetgiganten geplant

In Down Under werden die Netz-Riesen Google und Facebook gerade damit konfrontiert, schon bald per Gesetzt für die Millionen Artikel und Filme, die sie auf ihren Plattformen veröffentlichen, faire Honorare zahlen zu müssen. Für viele Beobachter ist das ein sehr spannender Prozess – denn dieselbe Fragestellung drängt sich mehr oder minder in jedem Land auf, in denen die US-Konzerne die Nachrichten-Landschaft verändern.

Vieles hat sich im Mediengeschäft stark verändert, seitdem die Web-Giganten in beinahe jedem Medienbereich gewichtige Wörtchen mitsprechen. Waren es früher die traditionellen Medienhäuser sowie der öffentlich-rechtliche Rundfunk, die eine Nachrichtenhoheit innehatten, sind es heute die riesigen Plattformen, die Kasse mit guten wie auch schlechten Nachrichten machen. Das Prinzip ist denkbar einfach: Google und Facebook feeden die News der traditionellen Medienhäuser, bündeln sie auf ihren Seiten und verkaufen sehr erfolgreich Werbung mit diesen quasi geliehenen Inhalten. Das ist absolut legal, weil dabei stets die Quelle genannt wird, die für die jeweilige Nachricht verantwortlich ist. Und dazu hat es ja den Anschein, dass die Content-Lieferanten, die Ihre Texte, Bilder und Filme fleißig liefern, ja fair bezahlt werden, indem sie kleine Teile des Anzeigenumsatzes als Klickprämien bekommen.

Der User macht die Nachricht – nicht der Redakteur

Wenn sich die australischen Wettbewerbshüter durchsetzen und Google und Facebook künftig nach Preislisten für Inhalte bezahlen, wäre das für diese eine Komplettumstellung der bisherigen Geschäftskonzepte. Selbst wenn die Ausgaben für den Content beim bestehenden Modell namhaft sind, sitzen derzeit im Prinzip die User im Sessel des verantwortlichen Nachrichtenredakteurs. Denn die Wichtigkeit und damit die prominente Platzierung von Inhalten resultiert nicht etwa aus der Grundausrichtung einer Redaktion. Allein die Klickzahlen sind maßgebend dafür, welche Nachricht gut platziert wird und welche in den Tiefen des Scroll-Bereichs verschwinden. Durch die berühmten Algorithmen bekommt jeder User genau die Inhalte eingespielt, die basierend auf seinem Klickverhalten als interessant für ihn eingestuft werden. Somit ist jeder User sein eigener Chefredakteur, eine Übernahme von Verantwortung durch die Plattformen findet nicht statt. Das ist ein gewaltiger Bruch mit Medien-Traditionen, wie sie in Demokratien Usus sind. Denn traditionell sind es die Bestimmungen der freien Presse, die durch den Rundfunkrat und weitere Gremien kontrolliert wird, allenfalls noch eine grundsätzliche politische Ausrichtung eines Medienhauses, die den Entscheidungen von Redaktionen zugrunde liegen.

KI auf dem Vormarsch: Bei MSN entscheidet einzig Redakteur „Algo“

Branchenerster bei der Totalumstellung auf KI statt Redaktion ist der Internetkonzern Microsoft mit seinem News-Dienst MSN. Hier sind menschliche Einflussnahmen auf den Themenmix des Nachrichtenportals gänzlich verbannt. Eine KI sorgt seit dem Sommer 2020 dafür, dass die Inhalte nach einem streng geheimen Algorithmus zusammengestellt werden – selbst leitende Microsoft-Mitarbeiter haben keinerlei Einfluss darauf, was täglich an Nachrichten über die Plattform geschickt wird. Aus journalistischer Sicht ein Horrorszenario. Wer vermag sich vorzustellen, wie sich die Medienlandschaft verändert, wenn weitere Groß-Publisher diesem Beispiel folgen und das, was Konsumenten an Nachrichten angeboten bekommen, ausschließlich basierend auf dem jeweiligen Klickverhalten komponiert wird.

Die Situation ist deswegen so vertrackt, weil die Plattformen ja tatsächlich auf einem eleganten Umweg für die Nachrichten zahlen. In den Medienhäusern, denen selbst die Anzeigen wegbrechen, wird natürlich versucht, die Feed-Inhalte so zusammenzustellen, dass die Einnahmen aus dem Klickgeschäft möglichst hoch sind. Allerdings ist das schon lang kein Garant mehr für einen nach menschlichem Ermessen ausgewogenen Themenmix.

Fazit: Wie das Vordringen der australischen Wettbewerbshüter ausgeht, wird weltweit gespannt verfolgt. Es klingt auf jeden Fall fair, das diejenigen, die guten Content produzieren und für Feeds zur Verfügung stellen, nach einem transparenten Preissystem dafür bezahlt werden. Auch wenn dies aus Sicht der Tech-Riesen ein Rückschritt wäre: Im Hinblick auf die Pressefreiheit und eine Nachrichtenversorgung der Gesellschaft, die nicht maßgeblich durch Portalbetreiber gesteuert wird, die selbst keine Nachrichten produzieren, wäre es nur recht und billig, Qualitäts-Content dadurch zu würdigen, dass für ihn bezahlt werden muss.

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