Datenschutzwissen

Vernichtung von analogen Personalakten: Welche Daten müssen wann gelöscht werden?

Kürzlich fällte das LAG (Landesarbeitsgericht) in Niedersachsen ein Urteil hinsichtlich einer analogen Personalakte. Dabei kam es zur Diskussion darüber, ob die DSGVO analoge Daten ausreichend würdigt.

Zu BDSG-Zeiten war die Rechtslage offenbar noch klar: Abmahnungen mussten spätestens dann aus einer Papier-Personalakte entfernt werden, sobald das Arbeitsverhältnis keinen Bestand mehr hatte. Auch die DSGVO folgt dieser Rechtsauffassung mit dem Art. 17 Abs. 1 DSGVO – allerdings ist hier ausdrücklich von personenbezogenen Daten die Rede, die in Form von Datensätzen vorliegen. Sinngemäß steht hier, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, einer Aufforderung des ehemaligen Mitarbeiters nachzukommen, wenn durch diesen verlangt würde, die personenbezogenen Daten zu löschen, deren Zweck für die damalige Erhebung nicht mehr vorliege. Sprich: Nach Kündigung müssen Abmahnungen aus der Personalakte entfernt werden. Es ist nach dieser Rechtsauffassung also unzulässig, dass der ehemalige Arbeitgeber personenbezogene Daten archiviert, obwohl gar kein Beschäftigungsverhältnis mehr besteht. Genau um diesen Punkt ging es bei der Klage der ehemaligen Mitarbeiterin, die sich bei ihrer Argumentation auf Art. 88 DSGVO i. V. m. § 26 BDSG berufen hat. Sie forderte eine sofortige Löschung einer Abmahnung, die ihr während des Arbeitsverhältnisses von Vorgesetzten ausgesprochen und der Personalakte zugeführt wurden.

Gericht tut sich schwer mit Personalunterlagen in Papierform

Wie das LAG Niedersachsen zum nun verkündeten Urteil kam (11. Kammer, Urteil vom 04. Mai 2021, 11 Sa 1180/20), führt zur Verwunderung von Datenschutz-Experten. Offenbar hatte das Gericht den § 26 BDSG nicht ganz zu Ende gelesen, denn in Abs. 7 ist geregelt, dass die Absätze 1 bis 6 des § 26 BDSG auch anzuwenden sind, wenn personenbezogene Daten einschließlich besonderer Datenarten von Beschäftigten verarbeitet werden, die nicht in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen. Hier ist also der ganz klare Hinweis, dass die Bestimmungen auch für Datensätze gelten, die in analoger schriftlicher Form vorliegen.

Folglich wird in der Begründung des Gerichts nicht auf die Regelung des § 26 Abs. 5 BDSG eingegangen, wo eindeutig steht, dass der Verantwortliche (der Arbeitgeber) insbesondere sicherzustellen hat, dass die Grundsätze des Art. 5 DSGVO eingehalten werden. Dazu gehören auch die Grundsätze der Datenminimierung nach Abs. 1 c und der Speicherbegrenzung nach Abs. 1 e. Das Wort „insbesondere“ bringt zum Ausdruck, dass sich die Sicherstellungsverpflichtung nicht auf die Grundsätze des Art. 5 DSGVO beschränkt, sondern auch weitere Vorschriften und wohl auch die Rechte der Betroffenen nach den Art. 15 ff. DSGVO zu beachten sind, und dazu gehört auch das Recht auf Löschung gem. Art. 17 DSGVO. Die Aussage des Gerichts, dass der Regelungsbereich sowohl der DSGVO wie auch des BDSG sich nicht explizit mit Datensätzen in Papierform beschäftigen, ist deshalb so nicht zutreffend. Denn die Verordnungen machen prinzipiell keinen Unterschied zwischen elektronisch und analog geführten schriftlich archivierten personenbezogenen Daten.

Fazit: Es bleibt nun abzuwarten, wie das Bundesarbeitsgericht den Fall beurteilt, denn eine Revision wurde vom LAG Niedersachsen zugelassen. Bis dahin wird man gut beraten sein, sich an dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 23. November 2018, 5 Sa 7/17 zu orientieren und Abmahnungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses umgehend entfernen, soweit sie nicht für rechtliche Auseinandersetzungen mit dem Arbeitnehmer erforderlich sind. Und das völlig unabhängig davon, ob die Daten in digitaler oder analoger Form vorliegen.

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