Datensicherheit im Internet

Braucht das Metaverse eine eigene DSGVO?

Auch das Web3 wirft bereits datenschutzrechtliche wie allgemein juristische Fragen auf. Denn durch die Teilnahme unserer Avatare im Web3 agieren wir sowohl datenschutzrechtlich wie auch allgemeinjuristisch viel intensiver mit dem Internet, als in seiner bisherigen Form.

Ob das Metaversum von Mark Zuckerberg oder die MILC-Landschaft des Welt der Wunder-Gründers Hendrik Hey: Web3-Anwendungen und virtuelle Welten mit unzähligen Handlungsoptionen für deren Besucher sind längst Realität geworden. Avatare führen in der virtuellen Welt reale Handlungen aus, mieten Wohnungen, kaufen ein und gründen eigene Geschäfte, in der mit einer virtuellen Währung in Form von Tokens bezahlt, gemietet oder erworben wird. Hey beschreibt seine vor zwei Jahren gelaunchte MILC-Welt in einem Interview mit dem Kommunikationsmagazin Clap wie folgt:

„Unser Metaverse ist unter anderem eine Stadt. In dieser kann ich mich dreidimensional bewegen. Es gibt Gebäude, Straßen und Plätze wie in jeder echten Stadt. Jedes Gebäude stellt einen anderen Inhalt dar. In dem einen wird professionelles Business gemacht, wie in einem Bürogebäude, in dem anderen befindet sich eine Universität, in der ich etwas lernen kann. Es gibt daneben auch eine Bank, eine Börse und sogar ein Parlament. Es wird zukünftig auch Shoppingmalls geben, und es finden öffentliche Veranstaltungen bis hin zu ganzen Messen statt. Diese können zeitgleich von unendlich vielen Menschen besucht werden. Es gibt aber auch Baustellen, um deutlich zu machen, dass ein Metaverse ständig wächst und immer weiter ausgebaut werden kann. Sie sehen aber schon jetzt, dass diese neue Form einer ‚Website‘ viel mehr an eine reale Wirklichkeit erinnert.“

Das genau skizziert den Unterschied des Web1 und dem neu entstandenen Web3: die neuen Welten sind um eine Dimension vergrößert worden, die es bisher noch nicht gab.

Metaverse und Recht: Vorerst „genügt“ das bestehende Recht

Ein Internet, wie wir es seit drei Jahrzehnten kennen, wird es in der Zukunft so nicht mehr geben. Ging es beim „linearen“ Internet um die beiden Dimensionen Content-Produzenten und Content-Konsumenten, war dies durch bestehende Rechtsnormen noch ganz gut in den Griff zu bekommen. Urheberrechtsfragen, Handelskonzepte oder auch der Datenschutz waren in der Welt des Internets Version 1 zum Großteil mit den funktionierenden Rechtssystemen der realen Welt in Einklang zu bringen. Der gravierende Unterschied zum Web3 ist die Tatsache, dass die hier handelnden Avatare zugleich Produzenten und Konsumenten von Content, Angeboten und Interaktionen sind. Ein kompletter Wegfall jeglicher Dinglichkeit beschreibt die virtuelle Welt von morgen, obgleich die Akteure auch in der virtuellen Welt vermehrt dinglich handeln. Das Grundproblem: Durch die weltweite Zugänglichkeit eines Metaverses multipliziert sich die Zahl der Aktivitäten, die einen rechtlichen Hintergrund aufweisen, ins Unermessliche. Und das wiederum führt zu juristischen Konsequenzen, die zahlreiche Rechtsgebiete, unter anderem natürlich auch den Datenschutz, berühren.

Tokens, Urheberrecht, Internationalität: Es zeichnet sich ein eigenes Rechtsgebiet für Metaverse-Welten ab

Schon die Zahlungsmittel im Web3 beschäftigen derzeit Juristen. Von Blockchains erzeugte Tokens, mit denen im Web3 Zahlungsvorgänge vonstatten gehen, sind von klassischen Aufsichtsbehörden des bisherigen Bankenwesens kaum noch zu regulieren. Sind Kaufvorgänge dieser Art mit reellem Handels- und Vertragsrecht in Einklang zu bringen? Welche Pflichten hat der Erwerber eines virtuellen Grundstücks? Muss er dort ein Hausrecht ausüben? Und wie ist virtuelle Besitz mit dem jeweiligen Steuerrecht vereinbar? Metaverse-Rechtsexperten werden die bestehenden Modelle aus der reellen Welt über kurz oder lang für die neue Welt modifizieren müssen.

Auch der heutige Datenschutz muss neu aufgesetzt werden

Da das Metaverse mehrdimensional aufgebaut ist, wächst die Anzahl der hier erzeugten, gespeicherten und geteilten Daten ins Unermessliche. Avatare sollen ihren menschlichen Paten äußerst ähnlich sein. So sind VR-Brillen, die zur Grundausstattung eines Metaverse-Besuchers gehören, gespickt mit Sensoren, Micros und Kameras. Gesichtserkennung, die Erkennung von Mimiken, der Körperhaltung, der Stimme oder der Pupillenweitung und damit einhergehender Emotionen werden permanent gesammelt, um den Avatar so lebensecht wie möglich erscheinen zu lassen. Doch wozu dürfen diese personenbezogenen Daten darüber hinaus genutzt werden? Sie geben unter anderem den Datensammlern Aufschluss über den Gesundheitsstaus, die Lebensführung des Akteurs sowie seine Emotionen, Gemütslagen oder seinen psychischen Zustand – allesamt Daten, die im Sinne der DSGVO besonders schützenswert sind. Zur virtuellen Darstellung der Nutzerwelt gehören darüber hinaus auch Videobilder und Fotos aus der direkten Umgebung des Users, die er ebenfalls via VR-Brille überträgt. Diese Diskussion hat Datenschützer schon in puncto Drohnen oder Dashcams intensiv beschäftigt. Wer im Metaverse unterwegs ist, teilt im riesigen Ausmaß die Daten Dritter. Dies wäre im Sinne der DSGVO nur dann gestattet, wenn ihm entsprechende Einwilligungen vorliegen.

Fazit: Da das Metaverse bisher bekannte Grenzen nach außen verschiebt, stellt sich bereits heute die Frage der juristischen Zuständigkeit. Auch aus Datenschutzsicht sorgen die permanent unkontrolliert gesammelten Daten der User für berechtigte Sorgen bei Datenschützern. Die DSGVO wäre ein hervorragend passender Rechtsrahmen, der auch für die meisten Datenschutzfragen im Web3 Antworten parat hätte. Nur scheint es derzeit nicht realistisch, dass angesichts der vielen Metverse-Projekte, die weltweit in rasanter Geschwindigkeit vorangetrieben werden, eine DSGVO, die für das Web1 entwickelt worden ist, als datenschutzrechtlicher Rahmen ausreicht und weltweite Akzeptanz findet. Daher liegt die Vermutung nahe, dass eine ähnliche Antwort auf Datenschutzfragen, wie sie die EU beispielsweise mit der DSGVO geschaffen hat, auch für ein nicht rechtsfreies Metaverse geschaffen werden muss.

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