Datenschutzwissen

Behörden und Bundesregierung bald ohne Facebook?

Anscheinend steht Facebook tatsächlich über allen Datenschutzdingen – und liefert Europas Datenschützern regelmäßig handfeste Gründe zu Zorn und Groll. Große Erfolge durch die Datenschützer waren indes noch nicht zu verzeichnen.

Nun wird Druck auf eine andere Weise ausgeübt. Wenn man den Konzern schon nicht in die Pflicht nehmen kann, mag der Bundesdatenschutzbeauftragte (BfDI) Ulrich Kelber gedacht haben, dann die Anwender. Dies geht bis hin zur Drohung. Und die umfasst sogar die fleißigen Social-Media-Nutzer auf höchster politischer Ebene.

Fanpages sollen abgeschaltet werden

Bereits Anfang des vergangenen Jahrs 2020 erging von Kelber schon an Facebook-Betreiber in Behörden die dienstliche Aufforderung, TikTok, Clubhouse, Instagram und WhatsApp fortan nicht mehr für dienstliche Zwecke zu nutzen, um nicht permanent gegen die DSGVO zu verstoßen. An die Bundesregierung und die obersten Bundesbehörden erging ein Rundschreiben, das die Adressaten auffordert, ihre Facebook-Fanseiten bis Jahresende zu löschen. Begründung: Der Betrieb dieser Fanpages sei nicht mit dem Datenschutz konform. Nach wie vor ist der Schutz der Nutzerdaten absolut unzureichend, und vom US-Konzern gibt es keinerlei ernsthafte Absichten, an diesem Zustand etwas zu ändern.

Ausdrückliche Empfehlung

Ausgelöst durch Kelbers Eingabe kam es zur Kontaktaufnahme der Kommunikationsabteilungen der betroffenen Behörden mit Facebook direkt. Den Deutschen wurde das „Page Controller Addendum“ zugesandt – eine Vereinbarung, in der Facebook Datenschutzpflichten als in den eigenen Verantwortungsbereich fallend anerkennt. Dieses bereits seit dem Jahr 2019 bekannte Addendum ist allerdings aus Sicht von Datenschützern nicht gerade eine Neuigkeit und wird mangels erkennbarem Änderungswillen angesichts der kritisierten Zustände nicht ernst genommen. Facebook erweckt also zum wiederholten Mal den Eindruck, die Datenschutzbedenken der obersten Behörden weder ernst zu nehmen, noch Aktivitäten zu planen, um in diesem elementaren Bereich Verbesserungen herbeizuführen.

Laut Ulrick Kelber befinden sich die Behörden in einer echten Grauzone, da sie im Sinne der DSGVO sehenden Auges gegen zahlreiche Bestimmungen der Verordnung verstoßen, wenn auch nicht aktiv, aber durch Akzeptanz der Facebook-Prozesse. Weitere Verhandlungen mit Facebook würden zu keinem „zeitnahen Erfolg“ führen. Er sieht daher nur einen Weg, wie es im Brief heißt: „Ein längeres Abwarten ist mir angesichts der fortdauernden Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten der Nutzerinnen und Nutzer nicht möglich. Sofern Sie eine Fanpage betreiben, empfehle ich Ihnen daher nachdrücklich, diese bis Ende dieses Jahres abzuschalten.“ Und weiter: „Den öffentlichen Stellen des Bundes, die in besonderem Maß an Recht und Gesetz gebunden sind, kommt im Hinblick auf die Einhaltung des Datenschutzrechts eine Vorbildfunktion zu. (...) Ich sehe Sie deshalb besonders in der Pflicht, sich datenschutzkonform zu verhalten.“ Ulrich Kelber berührt in seinem Schreiben mit der Erwähnung des Schrems-II-Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) einen wichtigen Punkt. Der besagt, dass Daten nur dann in Drittstaaten wie die USA übertragen werden dürfen, wenn sichergestellt ist, dass sie am Zielort denselben Schutz genießen wie im Ursprungsland.

„Abhilfe“-Maßnahmen angedroht

Facebook gehört bei den betroffenen Behörden zu den wichtigsten Bausteinen der Kommunikationsprozesse, entsprechend ratlos zeigten sich die Fanpage-Betreiber. Seine Wichtigkeit liegt auch in der Sache selbst. Wie will man auf Kritik reagieren und sich gegen Angriffe zur Wehr setzen, wenn nicht auf der gleichen Plattform, wo sie vorgebracht werden? Allein die Facebook-Fanpage der Bundesregierung verzeichnet 870000 Fans und wird von über einer Million Menschen abonniert. Ulrich Kelber hat bereits angedeutet, wie er mit unbotmäßigen Behördenseiten umgehen will. Ab Januar 2022 könnte er von den „zur Verfügung stehenden Abhilfemaßnahmen Gebrauch machen“ und – gestützt auf die DSGVO – die angesprochenen Fanpages verbieten oder an sie geknüpfte personenbezogenen Daten löschen lassen. Was nun auf dem Level oberster Behörden passiert, hat natürlich spürbare Konsequenzen für die generelle Facebook-Nutzung jeder Bürgerin und jedes Bürgers, denn was auf die Fanpage der Bundesregierung zutrifft, ist logischerweise auf für jede anderer Facebook-Seite zutreffend.

Zurück

Hier bloggt Ihre Redaktion.